Da denke ich immer, ich habe schon alles erlebt beim Halbmarathon, aber da lag ich wieder daneben. Da ich gerade im Land des Lächelns – sprich Thailand – bin, habe ich es mir natürlich nicht nehmen lassen, mal hier an den Start zu gehen. Die erste Herausforderung war es für mich, 4:30 Uhr zur Eröffnung zu erscheinen. Gut, die Thais sind da erfahren wegen der Hitze tagsüber. Als ich aus dem Auto stieg, war ich schon wieder völlig überrascht. Bunte Lichter, alles festlich geschmückt, die Läufer zum größten Teil in Kostümen. Es wurde gefeiert – ein Fest des Laufens – so habe ich es noch nie gesehen. Entspannte Menschen und natürlich, wie sollte es anders sein, sie lächelten! Das steckte selbst mich an als Morgen-Grinch. Und alle waren tiefenentspannt, keinerlei Hektik machte sich breit bis zuletzt. Dann wurde sich zusammen erwärmt, was ich weggelassen habe, da es schon schnuckelige 26 °C waren um fünf. Die Musik war so Zucker – hat richtig gute Laune gemacht. Ich hatte meine Stirnlampe mit, ich schaute mich um und auch die Pace-Läufer sagten: „Braucht man nicht.“ Ok, also weglassen? Jetzt ging es endlich los. 5:10 Uhr Start nachdem heruntergezählt wurde, hab nix verstanden, aber Start ist Start! Los geht’s, aber was nun? Es ging auf dunkle Wege, hab fast gar nichts gesehen. Bloß nicht stürzen, das hat die Thais nicht aus der Ruhe gebracht. Und die ambitionierten Läufer haben trotzdem Vollgas gegeben. Bohhhrrr dachte ich, ungewohnte Geräusche von Tieren, die wir eigentlich nur aus dem Zoo kennen. Aber das macht es ja auch so besonders. Es ging vorbei an Dörfern und an vielen Reisfeldern entlang. Die Stimmung war magisch, die Sonne ging langsam auf und spiegelte sich in dem Wasser der Reisfelder. Das sah aus wie ein Postkartenmotiv, so schön war das, aber nein, bin wirklich hier und jetzt, live und in Farbe. Ich schaute immer wieder in die südostasiatische Landschaft. Das hatte schon wieder was Magisches. Die Thais haben ab und zu diese ruhige Morgenstimmung unterbrochen mit ihren umgebauten Musikbox Pickups und Party ohne Ende gemacht. Ich grüßte die Thais so wie es sich gehört mit Sawatdikrab an den VPs. Alle lächelten noch mehr und waren mitunter verdutzt. Das der Ausländer Thai kann. Viele fragten auch, woher ich komme, na klar ich falle auf hier. In der ländlich geprägten Gegend als einziger Farang. Farang bedeutet übrigens so viel wie Ausländer mit heller Hautfarbe, ja auch wir haben unseren Spitznamen weg. Beim Laufen selbst bin ich auf Nummer sicher gegangen. Und habe an jedem VP etwas getrunken. Was ich sonst nie mache beim Halbmarathon. Aber hier mit der hohen Luftfeuchtigkeit sowie später 29 °C verliert der Körper ordentlich Wasser, also richtig Wasser. Ich habe mich wohlgefühlt beim Laufen und hab erst später bemerkt, dass ich klatschnass war, als wäre ich gerade in einen See gesprungen. Schuhe, Shirt einfach alles. Eine wirkliche Strategie gab es nicht. Hauptsache nicht überpacen und wie gesagt immer schön trinken. Und vor allem den Lauf und Thailand in vollen Zügen genießen. Was ich wirklich bewundere hier ist, dass egal ob groß oder klein, jung oder alt, ambitionierter Profi, Spaßläufer mit Kostüm oder Familien mit Kindern, alle hier zusammenlaufen. Da trägt eben die Mama das Baby und walkt zügig ins Ziel. Während die Profis sich Windschatten geben und den Führungsläufer regelmäßig auswechseln, um die beste Pace zu haben. Aber auch Menschen mit Down-Syndrom liefen genauso wie Läufer mit Übergewicht, alle begegneten sich auf Augenhöhe und zollten sich gegenseitig Respekt, genauso mir gegenüber. Das habe ich so noch nie erlebt. Mehr kann Laufen eigentlich nicht verbinden. Nach einer guten Stunde und vierzig Minuten bin ich ins Ziel eingebogen mit dem größten Lächeln. Und noch viel schöner: mein kleiner Sonnenschein Whanjung Kumor hat mich empfangen. Essen gab es natürlich so viel, ich wusste gar nicht, was ich zuerst probieren sollte. Und noch viel cooler ist, ich habe einen Affen bekommen. Also was will man mehr, zudem gab es zwei Läufer Shirts mit Affen. Ich find die so klasse und zudem hat diese Veranstaltung Spenden für die örtliche Schule und das Krankenhaus von den Startgeldern gesammelt. Das macht es auch nochmal zu etwas Besonderem. Und zwei Shirts mit Medaille für umgerechnet 15 € Startgeld – was soll da hängen bleiben…? Da haben wir noch etwas Rundes in Summe draus gemacht. Geld wird schon genug für so viel Quatsch ausgeben. So, jetzt erstmal sacken lassen, soviel Eindrücke. In diesem Sinne immer mal den Horizont erweitern, auch mal reflektieren, wie gut es uns in manchen Sachen in Deutschland geht und dass Lächeln und Lebensfreude keinerlei Grenzen kennen; kein Alter, keine Behinderung, keine Bestzeit, kein Kontostand etc. kann uns das Glück und die Freude schenken. Glück ist, den Moment gemeinsam zu teilen… In diesem Sinne: „Sport frei“ ihr Lieben.